Ereignissteuerung - ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK)

Die Ablauffolge von Funktionen im Sinne eines Geschäftsprozesses wird in Prozessketten dargestellt. Dabei können für jede Funktion die Start- und Endereignisse angegeben werden. Ereignisse sind Auslöser von Funktionen und Ergebnisse von Funktionen.

Ein Ereignis ist das Eingetretensein eines betriebswirtschaftlich relevanten Zustandes eines Informationsobjektes, der den weiteren Ablauf des Geschäftsprozesses steuert oder beeinflusst. Ereignisse lösen Funktionen aus und sind Ergebnisse von Funktionen. Im Gegensatz zu einer Funktion, die ein zeitverbrauchendes Geschehen darstellt, ist ein Ereignis auf einen Zeitpunkt bezogen.

Die Zustandsänderung eines Informationsobjektes kann sich zum einen auf das erste Aufgetretensein dieses Informationsobjektes beziehen (Bsp.: Kundenanfrage ist eingetroffen) oder auf eine Zustandsänderung im Sinne einer Statusänderung, die in einer Attributausprägung festgehalten wird (Bsp.: Angebot ist abgelehnt). Da Informationsobjekte und Attribute in der Datensicht von ARIS beschrieben werden, ist die ereignisgesteuerte Darstellung von Prozessketten eine Verbindung zwischen der Daten- und Funktionssicht und ist somit der Steuerungssicht von ARIS zugeordnet.

Grafisch werden Ereignisse durch Sechsecke dargestellt. Die Bezeichnung sollte sowohl das Informationsobjekt (Auftrag) als auch die Zustandsänderung dieses Informationsobjektes (ist eingetroffen) beinhalten. In der nächsten Abbildung sind Ereignisse abgebildet.

Ereignisse

Ereignisse lösen Funktionen aus und sind Ergebnisse von Funktionen. Durch das Hintereinanderschalten dieses Ereignis-Funktionswechsels entstehen so genannte ereignisgesteuerte Prozessketten. Eine ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) zeigt den logisch-zeitlichen Ablauf eines Geschäftsprozesses.

Ein Beispiel für eine EPK zeigt die folgende Abbildung. Da Ereignisse definieren, durch welchen Zustand oder Bedingung eine Funktion gestartet wird und welcher Zustand den Abschluss einer Funktion definiert, sind die Start- und Endknoten einer solchen EPK immer Ereignisse. Von einem Ereignis können mehrere Funktionen gleichzeitig ausgehen, andererseits kann eine Funktion mehrere Ereignisse als Ergebnis haben. Um diese Verzweigungen und Bearbeitungsschleifen in einer EPK darstellen zu können, wird eine Regel in Form eines Kreises verwendet. Die Verbindungen dienen jedoch nicht nur als grafische Verknüpfungen, sondern sie definieren die logischen Verknüpfungen der Objekte, die sie verbinden.

EPK (1)

Regeln (1)

Im ersten Fall dieser Abbildung liegt eine UND-Verknüpfung durch eine UND-Regel der Startereignisse vor. Dies bedeutet, dass der Vorgang Arbeitsgang freigeben nur dann gestartet wird, wenn sowohl der Arbeitsplan vorhanden ist als auch die benötigten Ressourcen geprüft sind. Beide Ereignisse müssen also eingetreten sein, damit der Vorgang starten kann. Der zweite Fall stellt eine Exklusiv-oder-Verknüpfung (exklusives oder) mit Hilfe einer XOR-Regel dar. Ergebnis der Funktion Lieferantenangebot prüfen kann sein, dass das Angebot entweder angenommen oder abgelehnt wird. Beides kann jedoch nicht gleichzeitig eintreten. Neben diesen beiden Fällen und der Verknüpfung im Sinne eines „einschließenden oder“ sind auch komplexere Beziehungen denkbar.

Grundsätzlich können somit zwei Arten von Verknüpfungen unterschieden werden:

  1. Ereignisverknüpfungen und
  2. Funktionenverknüpfungen.

Eine Übersicht der möglichen Ereignis- und Funktionsverknüpfungen zeigt folgende Abbildung (vgl. Hoffmann, Kirsch, Scheer, Modellierung mit Ereignisgesteuerten Prozessketten, 1993, S. 13).

Regeln (2)

Zu beachten sind hierbei vor allem die Einschränkungen bezüglich der Funktionenverknüpfungen. Da Ereignisse keine Entscheidungen treffen können (dies können nur Funktionen), ist die Verknüpfung eines auslösenden Ereignisses mit ODER- und Exklusiv-ODER-Regel nicht erlaubt!

Nachfolgend werden mögliche Verknüpfungen durch Beispiele erläutert.

Die Verknüpfung von auslösenden Ereignissen

Und-Regel

Regeln (3)

Die Funktion kann erst gestartet werden, wenn alle Ereignisse eingetreten sind.

ODER-Regel

Regeln (4)

Die Funktion wird ausgeführt, wenn mindestens eines der Ereignisse eingetreten ist.

Exklusiv-ODER-Regel (Entweder-ODER-Regel)

Regeln (5)

Die Funktion wird gestartet, wenn genau ein und nur ein Ereignis eingetreten ist.

Die Verknüpfung von erzeugten Ereignissen

Und-Regel

Regeln (6)

Die Funktion führt dazu, dass alle Ereignisse eintreten.

ODER-Regel

Regeln (7)

Die Ausführung der Funktion führt dazu, dass mindestens eines der Ereignisse eintritt.

Exklusiv-ODER-Regel (Entweder-ODER-Regel)

Regeln (8)

Die Ausführung der Funktion führt dazu, dass höchstens eines der Ereignisse eintritt.

Die Verknüpfung von Funktionen mit erzeugten Ereignissen

Und-Regel

Regeln (9)

Das Ereignis ist erst eingetreten, wenn alle Funktionen ausgeführt sind.

ODER-Regel

Regeln (10)

Das Ereignis tritt ein, wenn mindestens eine der Funktionen durchgeführt ist.

Exklusiv-ODER-Regel (Entweder-ODER-Regel)

Regeln (11)

Das Ereignis tritt ein, wenn genau eine und höchstens eine der Funktionen ausgeführt wurde.

Die Verknüpfung von Funktionen mit auslösenden Ereignissen

Und-Regel

Regeln (12)

Alle Funktionen werden durch das Ereignis ausgelöst.

ODER-Regel

Ereignisse haben keine Entscheidungskompetenz! Diese Verknüpfung ist nicht möglich!

Exklusiv-ODER-Regel (Entweder-ODER-Regel)

Ereignisse haben keine Entscheidungskompetenz! Diese Verknüpfung ist nicht möglich!

Neben der Darstellung in Form von ereignisgesteuerten Prozessketten können diese Verzweigungen auch in tabellarischer Form in den Ereignis- und Funktionsspalten eines Vorgangskettendiagramms gezeigt werden. Die sequentielle Anordnung der Funktionen in einem Vorgangskettendiagramm führt jedoch dazu, dass Verzweigungen und Bearbeitungsschleifen nur sehr unübersichtlich darstellbar sind.