Organisatorische Gestaltung der Unternehmen

Unternehmen stellen komplexe soziale Gebilde dar, die in überschaubare Einheiten unterteilt werden. Zur Komplexitätsbewältigung werden Ordnungsmuster definiert und Regeln festlegt. Das Ergebnis dieses Ordnungsprozesses wird dann als Organisation bezeichnet. Welche Rolle organisatorische Betrachtungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Informationssystemen spielen, wurde bisher nur selten untersucht. Neuere Unternehmenskonzepte wie Lean Produktion, Lean Management oder CIM haben jedoch einen engen Bezug zur organisatorischen Gestaltung des jeweiligen Betrachtungsumfeldes. Das ARIS-Konzept besitzt aus diesem Grunde eine eigenständige Beschreibungssicht für die Organisation.

Bei der organisatorischen Strukturierung des Unternehmens können die Aufbauorganisation und die Ablauforganisation unterschieden werden.

Die Aufbauorganisation umfasst die Regeln zur statischen Strukturierung des Unternehmens. Die Ablauforganisation beinhaltet die Regeln, die sich auf die auszuführenden Aufgaben des Unternehmens beziehen. Diese aufgabenbezogene Strukturierung im Sinne einer Verteilung von Funktionen auf Aufgabenträger wird in der Steuerungssicht des ARIS-Hauses behandelt. Die Organisationssicht umfasst somit hauptsächlich die Betrachtung der aufbauorganisatorischen Gestaltung.

Die Gestaltung der optimalen Organisation eines Unternehmens im Sinne der Erreichung eines möglichst geringen Koordinationsaufwands, richtet sich nach ihren Umfeldbedingungen und Zielsetzungen. Es können daher keine allgemeingültigen optimalen Organisationsstrukturen im Sinne von Referenzstrukturen definiert werden.

Die Strukturierung der organisatorischen Einheiten kann sich an verschiedenen Kriterien orientieren.

Sehr verbreitet ist die funktionale Gliederung. Hierbei wird jeweils eine Unternehmensfunktion (Beschaffung, Produktion, Finanz- und Rechnungswesen, Absatz) für alle Produkte und Gebiete zuständig gemacht. Dem Vorteil der hohen Spezialisierung der eingesetzten Mitarbeiter steht jedoch der Nachteil des hohen Kommunikations- und Koordinierungsaufwandes zwischen den Funktionalbereichen gegenüber.

Auch der Entwurf und Einsatz von Informationssystemen hat sich lange an dieser funktionalen Zergliederung der Unternehmen orientiert. Bei der Betrachtung ganzheitlicher Prozessketten im Sinne der zusammenhängenden Bearbeitung gleichartiger Datenobjekte ist aber bei einer solchen Gliederung der Zusammenhang der einzelnen Funktionen nur schwierig herzustellen.

Dies führte im Umfeld der Diskussion um die integrierte Datenverarbeitung zu der Forderung nach einer einheitlichen Datenbasis zur Unterstützung der unterschiedlichen Funktionen. Die angestrebte Integration der Funktionen führt jedoch dazu, dass der durch die funktionale Gliederung angestrebte Zweck der Komplexitätsreduzierung wieder aufgehoben wird.

Deswegen werden häufig bei der Zielsetzung der Funktionsintegration andere Kriterien der organisatorischen Zerlegung angewendet.

Dies kann z. B. eine Zerlegung nach Kriterien wie Gebiete oder Produkte sein. In folgender Abbildung wird eine Zergliederung nach Produkten schematisch dargestellt (vgl. Scheer, Wirtschaftsinformatik 1994, S. 26 f).

Bei einer gebietsorientierten Aufbauorganisation werden die Organisationseinheiten entsprechend der örtlichen Verteilung des Unternehmens oder Unternehmensbereiches festgelegt. Sie eignet sich insbesondere für Vertriebsfunktionen, da regionale Faktoren gezielter berücksichtigt werden können, z. B. unterschiedliche Gesetzgebungen.

Organisatorische Zergliederung nach Produkten

Eine produktbezogene Aufbauorganisation definiert für Produkte bzw. Produktgruppen Organisationseinheiten. Innerhalb einer Produktgruppe werden dann möglichst viele Funktionen, die für die entsprechende Produktgruppe relevant sind, integriert. Zielsetzung ist hierbei, den durch eine funktionale Gliederung auftretenden Kommunikationsaufwand zu verringern. Auf der anderen Seite entsteht jedoch nun ein Vermittlungsaufwand zwischen den produktgruppen-orientierten Teilsystemen.

Um diesen Auswirkungen entgegenzuwirken werden oft gemischte Organisationsformen gebildet. Für das Beispiel Einkauf wird dies in der folgenden Abbildung dargestellt (vgl. Scheer, Wirtschaftsinformatik 1994, S. 26 f).

Gemischte Organisationsformen

Eine rein funktionale Gliederung würde bedeuten, dass ein zentraler Einkauf für alle Produktgruppen zuständig wäre. Hierbei könnten zwar alle Synergieeffekte, die zwischen den Produktgruppen bestehen, genutzt werden; die Durchführung eines Einkaufsvorgangs durch alle Teilfunktionen würde aber zu erheblichen Abstimmungsproblemen führen. Eine Aufteilung der Einkaufsfunktionen auf die unterschiedlichen Produktgruppen führt dazu, dass für jede Produktgruppe eine Einkaufsabteilung eingerichtet wird, die alle Einkaufsfunktionen wahrnimmt. Synergieeffekte z. B. bei der Lieferantenauswahl und bei Verhandlungen über Rahmenverträge könnten hierbei nur mit einem hohen Abstimmungsaufwand erzielt werden.

Bei der oben dargestellten Zerlegung werden die Einkaufsfunktionen, bei denen hohe Synergieeffekte erwartet werden, funktional zerlegt, d. h. sie werden von einer zentralen Einkaufsstelle wahrgenommen. Die Funktionen, die spezielle Bedürfnisse und Restriktionen der einzelnen Produktgruppen zu berücksichtigen haben, werden objektorientiert nach Produktgruppen zergliedert. Sie können somit zeitnah in die Prozessabläufe der einzelnen Produktgruppen eingebunden werden. Damit wird die operative Abwicklung der Prozesse in den dezentralen Einheiten durchgeführt, während die zwischen den dezentralen Einheiten bestehenden Beziehungen auf der übergeordneten, zentralen Koordinationsebene berücksichtigt werden.

Im ARIS-Konzept werden diesen flexiblen Organisationsformen aufgrund der betont prozessorientierten Betrachtung besondere Beachtung geschenkt. Die Bildung von Aufbauorganisationen unter paralleler Betrachtung mehrerer Zerlegungskriterien wird insbesondere auch von abrechnungsorientierten Ansätzen wie dem Profit-Center-Konzept gefordert.